1 ... 8 9 10 11 

Wer nur wenige zum Feind hat, kann sich leicht und ohne viel Aufhebens sichern. Wer aber die große Masse zum Feind hat, ist niemals sicher, und je mehr Grausamkeiten er begeht, desto schwächer wird sein Regiment. (Discorsi, 1. Buch)

Wer zu Unrecht jemanden beleidigt, gibt anderen Anlass, ihn zu Recht zu beleidigen. (Geschichte von Florenz, 6. Buch)

Wo man weniger weiß, argwöhnt man am meisten. (Die Undankbarkeit)

Man soll nie versuchen, durch Gewalt zu siegen, wo man es durch Betrug vermag. (Leben des Castruccio Castracani)

Ändere deine Pläne, sobald der Feind sie durchschaut hat. (Kriegskunst, 7. Buch)

Kluge Männer machen sich immer ein Verdienst aus ihren Handlungen, auch wenn allein die Notwendigkeit sie dazu zwingt. (Discorsi, 1. Buch)

IMan kann nie einen Übelstand beseitigen, ohne dass ein anderer daraus entsteht. (Discorsi, 1. Buch)

Die müßige Menge ist gewöhnlich das Werkzeug in den Händen der Neuerungssüchtigen. (Geschichte von Florenz, 7. Buch)

Wer einem anderen zur Macht verhilft, richtet sich selbst zugrunde; denn er verleiht ihm die Macht entweder durch Geschick oder Gewalt, und beides ist dem, der zur Macht gelangt ist, verdächtig. (Der Fürst, III)

Das Glück ist mehr auf der Seite des Angreifers als auf der desjenigen, der sich verteidigt. (Geschichte von Florenz, 4. Buch)

In unserer Zeit haben nur die Großes erreicht, die für knauserig gehalten wurden (Der Fürst, XVI)

Die Menge ist eher bereit, sich fremder Habe zu bemächtigen, als das Ihrige zu schützen. Auf die Menschen wirkt die Hoffnung des Erwerbs stärker als die Besorgnis vor Verlusten. (Geschichte von Florenz, 4. Buch)

Ein kluger Herrscher kann und darf sein Wort nicht halten, wenn ihm dies zum Schaden gereicht und die Gründe hinfällig geworden sind, die ihn veranlasst hatten, sein Wort zu geben. Wären alle Menschen gut, so wäre dieser Rat schlecht; da sie aber schlecht sind und ihr Wort dir gegenüber auch brechen würden, so brauchst auch du es ihnen gegenüber nicht zu halten. (Der Fürst, XVIII)

Ein Machthaber darf seinen Günstlingen nur so viel Ansehen geben, dass zwischen diesen und ihm immer noch ein Abstand und immer noch etwas Begehrenswertes liegt. (Discorsi, 3. Buch)

Viel leichter wird ein Admiral, der mit den Winden, den Wellen und mit Männern zu kämpfen pflegt, ein Feldherr zu Lande werden, wo man mit Männern allein kämpft, als ein Feldherr ein Admiral werden kann. (Kriegskunst, 1. Buch)

Des Schwures bedienen sich die Menschen, nicht um ihn zu halten, sondern als Mittel, leichter zu betrügen, und je besser und sicherer der Betrug gelingt, desto mehr Lob und Ruhm erwirbt man. Die Bösen werden wegen ihrer Geschicklichkeit gelobt, die Guten wegen ihrer Einfalt getadelt." (Geschichte von Florenz, 3. Buch)

Große Männer nennen Schande das Verlieren, nicht aber den Gewinn durch Trug. (Geschichte von Florenz, 6. Buch)

Keiner wird betrogen als der, welcher traut. (Clizia, III. Akt)

Mächtige darf man entweder nicht anrühren, oder, wenn man sie einmal angetastet hat, muss man sie aus dem Weg schaffen. (Geschichte von Florenz, 4. Buch)

Die etwas von jemand zu erlangen wünschen, pflegen ihn durch Bitten, Belohnungen oder Drohungen anzugreifen, damit er, entweder durch Mitleid oder Vorteil oder Furcht bewogen, ihren Wünschen willfahre. (Geschichte von Florenz, 6. Buch)

Ich meine, es sei besser, ungestüm als vorsichtig zu sein, denn das Glück ist ein Weib; wer es bezwingen will, muss es prügeln und stoßen. Die Erfahrung lehrt, dass es sich leichter von denen, die so verfahren, bezwingen lässt, als von jenen, die mit kühlem Kopf vorgehen. Darum ist es, wie ein Weib, stets jungen Leuten gewogen, weil diese unbesonnener, aber desto stürmischer und kühner sind. (Der Fürst, XXV)


"Ausgewählte Sentenzen 2"



Um nun bei den ersten der vorgenannten Eigenschaften den Anfang zu machen, sage ich: es wäre gut, für freigebig gehalten zu werden. Gleichwohl, wenn du die Freigebigkeit so ausübst, daß man dich nicht dafür hält, so schadet sie dir; weil, wenn dieselbe tugendhaft, und so wie es seyn soll, ausgeübt wird, sie unbekannt bleibt, und du den Schimpf ihres Gegentheils nicht los wirst. Mithin ist man genöthigt, wenn man sich unter den Menschen einen freigebigen Namen erhalten will, kein Erforderniß des Aufwands zu sparen: also, daß immer ein solcher Fürst mit dergleichen Werken sein ganzes Vermögen erschöpfen, und endlich gezwungen seyn wird, das Volk ausserordentlich zu beschweren, fiskalisch zu Werke zu gehen, und alle Mittel hervorzusuchen, wodurch man Geld erpreßt. Dieß fängt ihn an bei den Unterthanen verhaßt, und sonst überall geringgeschätzt zu machen, als einen Verarmenden; dergestalt, daß er, nachdem er mit dieser seiner Freigebigkeit sehr Viele verletzt, und Wenige begnadigt hat, jeden ersten Unfall empfindet, jeder ersten Gefahr blossteht; und wenn er, dieß nun bemerkend, damit inne halten will, sich sogleich den Schimpf der Kargheit zuzieht. Ein Fürst daher, der diese Tugend der Freigebigkeit nicht ohne seinen Schaden so ausüben kann, daß sie kundig würde, muß, wenn er klug ist, um den Namen des Kargen sich nicht kümmern; weil man mit der Zeit ihn immer mehr für freigebig halten wird, wenn man sieht, daß er mit seinen Revenuen, vermöge seiner Sparsamkeit auskommt, gegen Ueberfälle sich wehren, etwas unternehmen kann, ohne Druck des Volks: so daß er zuletzt gegen alle Die freigebig sich erwiesen hat, denen er nichts annimmt, deren Unzählige sind; karg aber nur gegen Jene, Denen er nichts giebt: deren Wenige sind. In unsern Zeiten haben wir gar nichts Großes geschehen sehen, außer durch Solche, die man für karg hielt, und die Andern sind zu nichte geworden.

Papst Julius der Zweyte, sobald er sich seines Rufes der Freigebigkeit zu Vergrößerung des Papstthums bedient, dachte darnach nicht weiter daran, ihn sich zu erhalten, um gegen den König von Frankreich den Krieg bestreiten zu können; und hat so viele Kriege geführt ohne Einführung ausserordentlicher Steuern neben den alten, weil seine lange Sparsamkeit den Zuwachs des überflüssigen Aufwands gedeckt hatte.

Wenn der gegenwärtige König von Spanien für freigebig wäre gehalten worden, er würde so viele Unternehmen nicht angefangen noch durchgesetzt haben. Um also die Unterthanen nicht berauben zu müssen, um nicht arm und verächtlich zu werden, indem er sich nicht will nöthigen lassen ein Räuber zu seyn, darf es ein Fürst nur wenig achten, ob er den Namen

des Kargen sich zuzieht, weil dieses eines der Laster ist, die ihn herrschen machen. Und wenn Einer spräche: Cäsar kam durch die Freigebigkeit zum Regiment, und viele Andre sind, weil sie freigebig waren und dafür galten, zu den höchsten Stufen emporgestiegen, erwiedre ich: Entweder bist du schon ein Fürst, oder du bist auf dem Weg es zu werden. Im ersten Fall ist diese Freigebigkeit nachtheilig; im zweyten thut es schon noth, für freigebig zu gelten. Und Cäsar war Einer von Diesen, denn er wollte zum Fürstenthum über Rom gelangen; hätte er aber, nachdem er dazu gelangt war, weiter gelebt und jenen Aufwand nicht ermäßigt, so würde er jenes Regiment zerrüttet haben. Und wenn man entgegnete: es sind Viele Fürsten gewesen, und haben mit ihren Heeren große Dinge gethan, die doch für höchst freigebig gehalten wurden; antworte ich dir: Entweder verthut der Fürst sein eignes und seiner Unterthanen Vermögen, oder fremdes. Im ersten Fall muß er sparsam seyn: im andern darf er an keinem Stücke der Freigebigkeit es fehlen lassen. Auch ist einem Fürsten, der mit Heeren einherzieht, sich von Beute, Plünderung und Steuern nährt und mit fremden Gute schaltet, diese Freigebigkeit unerläßlich, weil ihm sonst die Soldaten nicht folgen würden; und was nicht dein, noch deiner Unterthanen ist, davon kannst du reichlicher spenden, wie Cyrus, Cäsar und Alexander thaten: weil das Verthun des fremden Gutes kein Ansehn dir raubt, vielmehr es vergrößert. Blos das Verthun des Deinigen ist, was dir schadet; und es giebt nichts, das sich so sehr selbst aufzehrt, als die Freigebigkeit, weil, indem du sie übst, du die Mittel, sie zu üben, verlierst und dich entweder arm oder schlecht machst, oder zum Räuber und verhaßt, wenn du die Armuth vermeiden willst. Und unter allem, wovor ein Fürst sich hüthen muß, stehen oben an: die Geringschätzung und der Haß; zu beiden führt dich aber die Freigebigkeit.

Darum ist es mehr Weisheit, den Namen des Karges, der einen Schimpf ohne Haß gebiert, zu behalten, als, um den Namen des Freigebigen zu erwerben, den des Raubers auf sich laden zu müssen, der einen Schimpf mit Haß gebiert.


"Der Fürst 16. Kapitel - Von der Freigebigkeit und Kargheit"



Ich gehe hiernächst zu den andern oben erwähnten Eigenschaften über, und sage: Ein jeder Fürst muß wünschen, für gütig, und nicht für grausam zu gelten.

Nichtsdestoweniger muß er bedacht seyn, diese Güte nicht übel anzuwenden. Cäsar Borgia galt für grausam; nichtsdestoweniger hatte diese seine Grausamkeit Romanien wiederhergestellt, es vereinigt, Treue und Friede darin befestigt. Erwägt man dieß wohl, so wird man sehen, daß er bei weitem gütiger als das Florentinische Volk gewesen ist, welches, um nicht als grausam verrufen zu werden, Pistoja zerstören ließ. Es darf daher ein Fürst um den Namen des Grausamen sich nicht kümmern, wenn er seine Unterthanen einig und treu erhalten will; denn, mit Statuirung sehr weniger Exempel, wird er gütiger seyn, als Jene, die aus zu großer Güte die Unordnungen einreißen lassen, aus denen Mord und Raub entspringt: denn diese pflegen eine ganze Gemeinheit zu kränken: jene Executionen aber, die vom Fürsten ausgehen, kränken nur einen Einzelnen. Und vor allen Fürsten ist es dem neuen Fürsten unmöglich, den Namen Grausamen zu umgehen, weil die neuen Staaten voller Gefahr sind. Weßhalb Virgil durch den Mund der Divo die Unmenschlichkeit ihrer Regierung entschuldigt, weil diese neu sey, indem sie sagt:

Res dura, et regni novitas me talia cogunt

Moliri, et late fines custode tueri.

Nichtsdestoweniger muß er langsam zum Glauben und Beschließen seyn, und muß sich nicht selber zu fürchten machen; sondern mit Klugheit und Menschlichkeit so gemäßigt zu Werke gehen, daß weder zu großes Vertrauen ihn unvorsichtig, noch zu großes Mistauen unleidlich mache. Hieraus entsteht die Frage: ob es besser sey, geliebt zu werden als gefürchtet, oder besser gefürchtet zu werden als geliebt?

Ich antworte: beides sollte man seyn. Weil es sich aber schwer zusammen vereinigen läßt: daß sie undankbar, veränderlich, zur Verstellung geneigt, den Gefahren abhold, begierig nach Gewinne sind; und solange du ihnen Gutes thust, sind sie alle dein, verschreiben dir ihr Blut und Leben, Habe und Kinder, wie schon gesagt, wenn das Bedürfniß im Weiten liegt; wenn es aber herankommt, empören sie sich: und der Fürst, der sich, entblöst von andern Vorkehrungen, auf ihre Worte allein gestützt hat, geht unter, weil die Freundschaften, die man um Lohn, und nicht durch Größe und Adel des Geistes sich erwirbt, auf Zinsen stehen; aber man hat sie nicht, und kann sie im Falle nicht verwenden. Und die Menschen nehmen weniger Anstand, Einen, der sich lieben macht; weil die Liebe an einem Bande hängt, das, da die Men-

schen schlimm sind, auf jeden Anlaß des eignen Nutzens zerrissen wird; hingegen die Furcht hängt fest an einem Schrecken vor Strafe, welches dich niemals verläßt. Es muß nichtsdestoweniger der Fürst dich dergestalt fürchten machen, daß, wenn er die Liebe auch nicht gewinnt, er den Haß doch vermeide (da es sehr wohl zusammen bestehn kann, gefürchtet, und nicht gehaßt zu werden, welches er immer erreichen wird, so lange er sich des Eigenthums seiner Unterthanen und Bürger, und ihrer Frauen enthält): und wenn er dennoch genöthigt wäre, gegen das Leben eines derselben zu verfahren, darf er's nicht thun ohne hinreichende Rechtfertigung und in die Augen springende Gründe. Aber vor allem muß er sich fremden Besitzes enthalten, weil die Menschen eher dem Tod des Vaters, als den Verlust des Erbguts verschmerzen.

Ausserdem fehlt es, die Güter zu nehmen, niemals an Gründen, und immer findet Einer, der sich vom Raube zu leben gewöhnt, Anlässe, des Fremden sich anzumaaßen: hingegen wider das Leben sind sie seltener, und fehlt eher daran. Wenn aber ein Fürst mit den Heeren ist, und eine Menge Soldaten befehligt, dann ist es ganz unerläßlich, sich um den Namen des Grausamen nicht zu kümmern; weil ohne diesen Namen niemals ein Heer in Einheit noch geneigt für eine Sache erhalten ward. Unter die staunenswürdigen Thaten des Hannibal wird auch die gezählt, daß in dem ungeheuern Heere, welches er, aus unzähligen Menschen-Arten gemischt, in ein fremdes Land zu Führung des Krieges geleitet hatte, sich niemals weder unter ihnen, noch gegen den Fürsten ein Zwiespalt erhub, sowohl in seinem schlimmen Glück, als auch im guten: wovon nichts andres der Grund seyn konnte, als diese seine unmenschliche Grausamkeit, die, nebst seinen unzähligen Tugenden, ihn immer ehrwürdig und furchtbar in den Augen seiner Leute erhielt, und ohne die seine anderen Tugenden jene Wirkung hervorzubringen nicht ausgereicht hätten.

Die unbedachtsamen Schriftsteller gleichwohl bewundern auf der einen Seite diese seine Handlungen, und auf der andern verdammen sie die wesentlichste Ursach derselben. Und wie wahr es sey, daß seine übrigen Tugenden ihm nicht ausgereicht hätten, lehrt Scipio, einer der Seltensten, nicht blos in seinen Tagen, sondern im ganzen Angedenken der Dinge, von denen man etwas weiß. Wider diesen empörte sich seine Armee in Spanien, woran nichts andres Schuld war als seine zu große Güte, die den Soldaten mehr Freiheit zugestanden hatte, als mit der Kriegszucht sich vertrug. Fabius Maximus warf ihm dieß im Senate vor, und nannte ihn den Verderber der römischen Miliz. - Die Lokrer, die ein Legat des Scipio geplündert hatte, wurden von ihm nicht gerächt, noch dieses Legaten Frechheit gezüchtigt, alles Folgen dieser seiner gelinden Natur. So daß Jemand, der im Senat ihn entschuldigen wollte, sagte, es gäbe viele Menschen, welche sich besser darauf verstünden keine Fehler zu begehen, als Andrer Fehler zu verbessern. Welchen Natur mit der Zeit den Ruf und Ruhm des Scipio entstellt haben würden, wenn er im Regimente dabei beharrt wär; aber unter der Leitung des Senates verbarg sich diese schädliche Eigenschaft nicht nur, sondern gereichte zu seinem Ruhme. Ich schließe also, um wieder auf Furcht und Liebe zu kommen, daß, da die Menschen nach ihrem Willen lieben, und nach dem Willen des Fürsten fürchten, sich ein weiser Fürst auf das, was sein, nicht auf das, was der Andern ist, stützen muß. Blos, wie gesagt, den Haß zu meiden muß er sich befleißigen.


"Der Fürst 17. Kapitel - Von der Grausamkeit und Milde, und ob es besser ist, geliebt, oder gefürchtet zu werden."




1 ... 8 9 10 11 




copyright virtuSens 2024     Technik Wolke Softwareentwicklung