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Der Herzog von Valentinois war aus der Lombardei zurückgekehrt, wo er gewesen war, um sich beim König Ludwig XII. von Frankreich wegen vieler Klagen zu rechtfertigen, die von den Florentinern infolge der Empörung Arezzos und der übrigen Städte des Chianatales gegen ihn erhoben worden waren. Er begab sich nach Imola, von wo er einen Feldzug gegen Giovanni Bentivoglio, den Tyrannen von Bologna, zu unternehmen beabsichtigte, da er diese Stadt unter seine Herrschaft bringen und zur Hauptsache seines Herzogtums Romagna machen wollte.

Als die Vitelli und Orsini und ihre Anhänger dies erfuhren, schien es ihnen, daß der Herzog zu mächtig werde, und daß zu fürchten sei, er werde nach der Eroberung Bolognas sie zu vernichten suchen, um allein in Italien bewaffnet zu bleiben. Sie hielten hierüber zu Magione im Peruginischen einen Kongreß, wo der Kardinal Orsini, der Signor Pagolo Orsini, der Herzog von Gravina Orsini, Vitellozzo Vitelli, Oliverotto und Fermo, Giampagolo Baglioni, Tyrann von Perugia, und Messer Antonio da Benastro, gesandt von Pandolfo Petrucci, dem Haupte von Siena, zusammenkamen.

Man besprach sich hier über die Macht des Herzogs und über seine Absichten, und daß es nötig sei, seine Begierde zu zähmen, sonst laufe man Gefahr, selbst mit den anderen zugrunde zu gehen. Der Kongreß beschloß, die Bentivogli nicht zu verlassen und zu suchen, die Florentiner zu gewinnen. An beide wurden hierauf Beauftragte gesendet, um den erste Hilfe zu versprechen und die anderen aufzufordern, daß sie sich gegen den gemeinschaftlichen Feind vereinigten.


"Teil I Beschreibung der Art wie der Herzog von Valentinois Vitellozzo Vitelli, Oliverotto von Fermo, den Signor Pagolo Orsini und den Herzog von Gravina Orsini gefangennahm und tötete"



Der Kongreß wurde sogleich in ganz Italien bekannt, und diejenigen Völker, welche mit der Herrschaft des Herzogs unzufrieden waren, worunter die von Urbino, faßten Hoffnung, eine Staatsveränderung bewerkstelligen zu können. Als nun die Gemüter so gespannt waren, entwarfen einige Männer aus Urbino den Plan, sich des Fort San Leo, worin der Fürst Besatzung hielt, zu bemächtigen, und ergriffen folgende Gelegenheit: Der Kastellan befestigte das Fort und ließ zu diesem Zwecke Holzwerk hinzuführen. Die Verschworenen sorgten dafür, daß einige Balken, die in das Fort gezogen wurden, in einem gegebenen Augenblick auf der Zugbrücke lagen, damit diese von der Besatzung nicht aufgezogen werden konnte. Diesen Augenblicke benutzend, eilten sie auf die Brücke und von da in das Fort. Kaum war die Einnahme bekannt, so empörte sich der ganze Staat und rief den alten Herzog zurück, nicht sowohl in der Hoffnung auf den Nutzen des genommenen Forts, als auf den Kongreß von Magione, von dem man Beistand erwartete.

Als die Mitglieder des Kongresses die Empörung Urbinos erfuhren, dachten sie, diese Gelegenheit dürfe nicht verloren werden, versammelten ihre Soldaten und rückten vor, um jede Stadt, die etwa noch in der Hand des Herzogs geblieben sein sollte, einzunehmen. Zu gleicher Zeit schickten sie nochmals nach Florenz, diese Republik zu ersuchen, daß sie mit ihnen vereint den allgemeinen Brand löschen möge, da die Unternehmung so gut als gelungen sei, und man eine zweite Gelegenheit wie diese nicht zu erwarten habe. Die Florentiner aber, die aus verschiedenen Ursachen die Vitelli und Orsini haßten, schlossen sich ihnen nur nicht an, sondern sandten Niccolo Machiavelli, ihren Staatssekretär ab, dem Herzog Aufnahme und Beistand gegen diese seine neue Feinde zu versprechen.


"Teil II - Beschreibung der Art wie der Herzog von Valentinois Vitellozzo Vitelli, Oliverotto von Fermo, den Signor Pagolo Orsini und den Herzog von Gravina Orsini gefangennahm und tötete"



Der Herzog befand sich, von Furcht erfüllt, zu Imola; denn seine Soldaten waren ihm auf einmal wider alles Erwarten zu Feinden geworden, und er sah entwaffnet dem nahen Kriege entgegen. Auf die Anerbietungen der Florentiner jedoch wieder seinen Mut fassend, entwarf er den Plan, den Krieg durch die wenigen Soldaten, die er noch hatte, und durch Friedensverhandlungen in die Länge zu ziehen, unterdessen aber sich Verstärkung zu verschaffen. Dies letztere suchte er auf zweierlei Weise zu erreichen, indem er zum König von Frankreich um Soldaten sandte, und indem er jeden Schweren Reiter und jeden anderen, der sonst zu Pferde diente, in Sold nahm und allen Geld gab. Trotzdem rückten die Feinde vor und kamen bis Fossombrone, wo einige Truppen des Herzogs, die daselbst haltgemacht hatten, von den Vitelli und Orsini geschlagen wurden. Dies bewirkte, daß sich der Herzog völlig dem Versuche zuwandte, ob er nicht durch Friedensunterhandlungen diesen Sturm beschwören könne.

Meister in der Verstellung, unterließ er keine Freundschaftsbezeigung, sie zu überreden, sie hätten die Waffen gegen einen Mann ergriffen, der seine Eroberungen ihnen überlassen wolle, und dem es am Fürstentitel genüge, während sie herrschen sollten. Seine Überredungskünste hatten solche Wirkung, daß sie den Signor Pagolo zu ihm sandten, über den Frieden zu unterhandeln, und Waffenstillstand schlossen. Der Herzog aber stellte seine Rüstungen nicht ein, sondern verstärkte sich mit größter Sorgfalt durch Reiterei und Fußvolk, die er in den Ortschaften der Romagna verteilte, damit man seiner Rüstungen nicht gewahr werden sollte. Unterdessen waren auch 500 französische Lanzen gekommen.. Obgleich er nun schon stark genug war, sich durch offenen Krieg an seinen Feinden zu rächen, so hielt er es doch für sicherer und nützlicher, sie zu hintergehen und deshalb die Unterhandlungen nicht abzubrechen. Die Sache wurde so nachdrücklich betrieben, daß bald ein Friedensschluß zustande kam. Er bestätigte ihnen dadurch ihre alten Condottieristellen, gab ihnen 4000 Dukaten als Geschenk, versprach, die Bentivogli nicht anzugreifen, schloß mit Giovanni Bentivoglio Verschwägerung und sollte sie überdies nicht zwingen können, öfter persönlich bei ihm zu erscheinen, als es ihnen gefiele. Auf der anderen Seite versprachen sie, ihm das Herzogtum Urbino und alle ihre anderen Eroberungen zurückzugeben, ihm in allen seinen Feldzügen zu dienen und ohne seine Erlaubnis weder jemand den Krieg zu erklären, noch in jemandes Dienste zu treten.

Nach Abschluß dieses Vertrages flüchtete Guido Ubaldo, Herzog von Urbino, von neuem nach Venedig, nachdem er vorher alle Festungen seines Staates hatte schleifen lassen, da er, auf sein Volk vertrauend, nicht wollte, daß die Feinde diese Festungen, die er nicht verteidigen konnte, besitzen sollten und dadurch seine Freunde im Zaume hielten.

Der Herzog von Valentinois aber, nachdem er diese Übereinkunft geschlossen und alle seine Soldaten nebst den französischen Schweren Reitern durch die Romagna verteilt hatte, reiste Ausgangs November von Imola ab und begab sich ach Cesena. Hier unterhandelt er viele Tage mit den Abgeordneten von Vitelli und Orsini, die mit ihrem Heere im Herzogtum Urbino standen, über die Frage, welcher Feldzug jetzt zu unternehmen sei. Da man über nichts zum Schlusse kam, so wurde Oliverotto von Fermo zu ihm gesandt mit dem Vorschlag: wenn er Toskana den Krieg erklären wolle, so seien sie dies zufrieden; wo nicht, so würden sie Sinigaglia belagern. Der Herzog antwortete, Toskana wolle er nicht bekriegen, weil die Florentiner seine Freunde seien; wohl aber sei er es zufrieden, daß sie gegen Sinigaglia zögen. Nicht lange darauf kam die Nachricht, die Stadt habe sich ihnen ergeben, mit Ausnahme der Zitadelle, die der Kastellan nur der Person des Herzogs und niemanden anderem überliefern wolle; weshalb sie ihn zu kommen ersuchten.


"Teil III Beschreibung der Art wie der Herzog von Valentinois Vitellozzo Vitelli, Oliverotto von Fermo, den Signor Pagolo Orsini und den Herzog von Gravina Orsini gefangennahm und tötete"




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