Da ich schon bei meiner Rückkunft vor einem Jahre über die Angelegenheit des Kaisers und Deutschlands geschrieben habe, so weiß ich jetzt nichts mehr zu sagen. Ich wiederhole nur über die Natur des Kaisers, daß seine Verschwendung alles übersteigt, was man in unserer und der früheren Zeit gesehen hat. Dies hat zur Folge, daß er immer bedürftig ist, und keine Summe ist groß genug, daß sie ihm genügte, mag auch seine Lage noch so günstig sein. Er ist veränderlich; denn heute will er etwas und morgen nicht mehr; er will, was er nicht haben kann, und was er haben kann, mag er nicht; er ergreift daher immer seine Maßregeln verkehrt. Auf der anderen Seite ist er ein großer Kriegsmann, er hält und führt gut ein Heer mit Gerechtigkeit und Ordnung. Er erträgt jede Strapaze gleich dem Abgehärtetsten, in der Gefahr ist er mutvoll, so daß er als Feldherr keinem nachsteht. Er ist leutselig, wenn er Audienz erteilt, er will sie aber erteilen, wann es ihm beliebt, und er will von den Gesandten nur dann aufgewartet haben, wenn er nach ihnen schickt. Er ist sehr verschlossen; sein Geist und Körper ist immer in beständiger Bewegung; aber häufig zerstört der Abend, was der Morgen abschließt.
"Teil I Über den Kaiser Maximilian – Für den Gesandten. 1509"
Dies macht die Sendung bei ihm schwierig; denn das wichtigste für einen Gesandten, der sich für einen Fürsten oder eine Republik auswärts befindet, ist, daß er richtig schließt, was kommen wird, sowohl aus dem, was im Werke ist, als aus dem, was geschehen ist. Wer hierin weise schließt und seine Vermutungen seinen Oberen gehörig zu wissen tut, ist Ursache, daß sein Auftraggeber mit seinen Angelegenheiten immer weiter vorwärtskommen und sich zu gehöriger Zeit vorsehen kann. Wenn dieser Teil geschickt getan wird, so bringt es dem Gesandten Ehre und seiner Regierung Vorteil; das Gegenteil tritt ein, wenn er schlecht getan wird. Ich will die Sache näher erklären. Ihr werdet an einem Orte sein, wo man zwei Dinge betreiben wird, Krieg und Unterhandlungen. Um Euren Dienst wohl zu tun, habt ihr zu schreiben, welche Meinung man über beides hat. Der Krieg ist zu messen an den Truppen, am Gelde, an der Führung und am Glück; wer mehr von diesen Dingen hat, von dem läßt sich glauben, daß er siegen wird. Habt Ihr hiernach erwogen, wer siegen könne, so ist es nötig, dass man es hier erfahre, damit Ihr und die Stadt zweckmäßiger beschließen und handeln könnt. Die Unterhandlungen werden von verschiedenerlei Art sein, nämlich was zwischen den Venetianern und dem Kaiser im Werke sein wird, dann zwischen dem Kaiser und Frankreich, dann zwischen dem Kaiser und Papst, dann zwischen dem Kaiser und Euch. Bei Euren eigenen Unterhandlungen muß es Euch leicht sein, zu schließen und zu sehen, welchen Zweck der Kaiser mit Euch hat, was er will, wonach sein Sinn sieht, was für Umstände es sind, die ihn zurückziehen oder vorwärtstreiben können; und wenn Ihr sie gefunden habt, muß es Euch ebenfalls leicht sein, zu sehen, ob es besser ist, abzuwarten oder abzuschließen: Hiernach zu handeln, wird dann je nach den Grenzen Eurer Vollmacht bei Euch stehen.
"Teil II Über den Kaiser Maximilian – Für den Gesandten. 1509"
Erlauchter Gesandter! Tarde non furon mai grazie divini. Ich sage dies, weil mir schien, ich hätte Eure Gunst nicht verloren, doch verlegt, da Ihr mir so lange nicht geschrieben. Wo dies herrühren könne, war ich ungewiß. Ich schlug alle Ursachen, die mir als möglich in den Sinn kamen, gering an, außer dieser: Ihr möchtet Euch vom Schreiben zurückgezogen haben, weil Euch gemeldet worden, ich sei kein guter Verwahrer Eurer Briefe, und doch wußte ich, daß außer Filippo und Paolo niemand durch mich sie gehen hatte. Ich bin beruhigt durch Euren letzten vom 23. verflossenen Monats, aus dem ich zum größten Vergnügen ersehe, wie geregelt und behaglich Ihr Euer Amt verseht. Ich ermahne Euch, so fortzufahren; denn wer seine Bequemlichkeit für die anderer aufgibt, verliert die seinige, ohne daß man ihm für sein Wirken Dank weiß. Da das Glück alles tun will, muß man es machen, ruhig bleiben, ihm nicht lästig werden und abwarten, bis es Menschen etwas tun lasse. Dann wird es Euch anstehen, mehr Mühe anzuwenden, mehr die Dinge zu überwachen, und mir, mein Landhaus zu verlassen und zu sagen: da bin ich. Eure Güte zu erwidern, was ich gern möchte, kann ich in diesem Briefe nichts anderes sagen, als welches Leben ich führe. Urteilt Ihr, daß es einen Tausch mit dem Eurigen wert sei, so bin ich zufrieden, es fortzuführen. Ich wohne auf dem Lande und bin nach meinem letzten Unglück, alles zusammengerechnet, nicht zwanzig Tage in Florenz gewesen. Ich habe bis jetzt eigenhändig den Krammetsvögeln nachgestellt. Vor Tage stand ich auf, legte meine Leimruten und ging dann weiter mit einer Ladung Käfige bepackt, daß ich aussah wie Geta, wenn er mit den Büchern Amphytrions vom Hafen zurückkommt. Ich fing wenigstens zwei, höchstens sieben Krammetsvögel.
"Teil I Brief an Francesco Vettori - 10. Dezember 1513"
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