Dem Herzog schien die Gelegenheit gut und so, daß kein Verdacht erregt werden könne, da er von ihnen gerufen war und nicht aus eigenen Stücken kam. Um sie noch sicherer zu machen, verabschiedete er alle französischen Kriegsvölker, die in die Lombardei zurückkehrten, mit Ausnahme der 100 Lanzen des Herrn von Candales, seines verwandten. Ungefähr Mitte Dezember von Cesena aufgebrochen, zog er nach Fano, wo er alle seine Schlauheit und Geschicklichkeit aufbot, die Vitelli und Orsini zu bereden, daß sie ihn in Sinigaglia erwarteten, indem er ihnen zeigte, eine solche Unhöflichkeit könne ihren vertrag weder treu noch lange dauernd machen, und daß er der Mann sei, der sich der Waffen und des Rates seiner Freunde wolle bedienen können. Obgleich Vitellozzo lange widerstrebte, da ihn der Tod seines Bruders gelehrt hatte, daß man einen Fürsten nicht beleidigen und dann ihm trauen dürfe, so ließ er sich doch endlich von Pagolo Orsini, der durch Geschenke und Versprechungen vom Herzog berückt war, überreden und willigte ein, ihn zu erwarten. Der Herzog also setzte seinen Aufbruch von Fano auf den 30. Dezember 1502 fest. Vor dem Abmarsch teilte er seinen Plan acht seiner Vertrauesten mit, worunter Don Michele und Herr von Euna, nachmals Kardinal. Er trug ihnen auf, daß, sobald Vitellozzo, Pagolo Orsini, der Herzog von Gravina und Oliverotto ihm entgegenkämen, je zwei von ihnen einen von jenen in die Mitte nehmen (der bestimmte Mann war den bestimmten Männern bezeichnet), diesen bis Sinigaglia unterhalten und sie nicht wegreiten lassen sollten, bis sie am Quartier des Herzogs angelangt und ergriffen wären. Sodann befahl er, daß alle seine Soldaten zu Pferd und zu Fuß, über 2000 Reiter und 10000 Mann Fußvolk, bei Tagesanbruch am Metauro, einem Fluß fünf Miglien von Fano sein und ihn hier erwarten sollten. Den letzten Dezember also am Metauro bei diesem Heere eingetroffen, ließ er ungefähr 200 Pferde vorreiten, dann setzte er das Fußvolk in Marsch, welchem er selbst mit den übrigen Schweren Reitern folgte. Fano und Sinigaglia sind zwei Städte der Mark, am Ufer des Adriatischen Meeres gelegen, fünfzehn Miglien voneinander entfernt. Wer gegen Sinigaglia geht, hat die Berge zur Rechten, deren Fuß manchmal dem Meere so nahe kommt, daß nur ein sehr schmaler Raum bleibt, und wo der Raum am breitesten wird, beträgt die Entfernung keine zwei Miglien. Die Stadt Sinigaglia liegt vom Fuß der Berge etwas über einen Bogenschuß ab, und vom Meeresufer ist sie weniger als eine Miglie entfernt. An ihr vorbei fließt ein kleiner Fluß, der auf der nach Fano zu gelegenen Seite, wo die Straße herkommt, ihre Mauern bespült. Wer sich daher Sinigaglia nähert, geht eine gute Strecke längs der Berge, und wenn er den Fluß erreicht hat, so wendet er sich links und kommt, einen Bogenschuß lang immer am Flußufer hingehend, an die Brücke, die dem Stadttor schräg gegenüberliegt. Vor dem Tore ist eine kleine Vorstadt mit einem Platze, dessen eine Seite das Flußufer bildet.
"Teil IV Beschreibung der Art wie der Herzog von Valentinois Vitellozzo Vitelli, Oliverotto von Fermo, den Signor Pagolo Orsini und den Herzog von Gravina Orsini gefangennahm und tötete"
Die Vitelli und Orsini erwarteten also den Herzog und setzten alles in Bereitschaft, ihm Ehre zu erzeigen. Um seinen Soldaten Raum zu geben, legten sie die ihrigen in einige sechs Miglien von Sinigaglia entfernte Kastelle und ließen in der Stadt nur Oliverotto mit seiner Schar zurück, die 1000 Mann Fußvolk und 150 Reiter betrug und in der oben genannten Vorstadt einquartiert war. Als die Anordnungen getroffen waren, näherte sich der Herzog Sinigaglia. Die Reiterei der Vorhut, an der Brücke angelangt, ritt nicht hinüber, sondern machte halt und stellte sich rechts und links neben der Straße auf, gegen welche sie Front machte. Das Fußvolk marschierte durch und rückte, ohne zu halten in die Stadt ein. Vitelozzo, Pagolo und der Herzog von Gravina ritten auf Maultieren, von wenigen Reitern begleitet, dem Herzog entgegen. Vitellozzo, ohne Rüstung, in einem grün gefütterten Mantel, war ganz niedergeschlagen, als ob er ein Vorgefühl seines nahen Todes habe, was jedem, der die Tapferkeit des Mannes und sein früheres Glück kannte, auffiel. Man sagt, er habe bei der Trennung von seinen Soldaten, als er sich nach Sinigaglia begab, um dem Herzog entgegenzugehen, gleichsam für immer abschied genommen. Seinen Offizieren empfahl er sein Haus und die Besitzungen desselben, und seine Neffen ermahnte er, sie sollten nicht das Glück ihres Hauses, sondern die Tapferkeit ihrer Väter in stetem Angedenken behalten. Als nun diese drei beim Herzog ankamen und ihn höflich grüßten, wurden sie von ihm mit guter Miene empfangen und sogleich von den mit ihrer Beobachtung Beauftragten in die Mitte genommen. Da aber der Herzog sah, daß Oliverotto fehlte, der bei seinen Soldaten in der Vorstadt geblieben war und sie auf dem platze jenseits des Flusses in Ordnung hielt und auf die Ehrenbezeigungen einübte, winkte der Herzog Don Michele, dem Oliverotto übertragen war, mit dem Auge, er solle sorgen, daß Oliverotto nicht entkäme. Don Michele ritt daher voraus zu Oliverotto und sagte ihm, es sei jetzt nicht Zeit, die Leute vor ihrem Quartier beisammenzuhalten, denn diese würden ihnen sonst von den Soldaten des Herzogs genommen werden, und forderte ihn auf, sie einrücken zu lassen und ihn zum Herzog zu begleiten. Als Oliverotto eben diesen Befehl ausgeführt hatte, kam der Herzog heran und rief ihn, sobald er ihn erblickte, worauf ihn Oliverotto begrüßte und sich den anderen anschloß. In Sinigaglia eingerückt, ritten sie alle an das Quartier des Herzogs, traten mit ihm in ein geheimes Zimmer und wurden zu Gefangenen gemacht.
"Teil V Beschreibung der Art wie der Herzog von Valentinois Vitellozzo Vitelli, Oliverotto von Fermo, den Signor Pagolo Orsini und den Herzog von Gravina Orsini gefangennahm und tötete"
Sogleich stieg nun der Herzog zu Pferde und gab die Soldaten Oliverottos und der Orsini der Plünderung preis. Die Soldaten Oliverottos wurden sämtlich ausgeplündert, weil sie nahe waren; die der Orsini und Vitelli, fern und dem Untergang ihres Herrn voraussehend, hatten Zeit, sich zu vereinigen, riefen sich die Tapferkeit und Kriegszucht des orsinischen und vitelleschischen Hauses ins Gedächtnis und zogen sich, dicht geschlossen, gegen den Willen des Landes und der feindlich gesinnten Einwohner, in Sicherheit zurück. Aber die Soldaten des Herzogs, mit der Beute der Soldaten Oliverottos nicht zufrieden, fingen an, Sinigaglia zu plündern, und würden es ganz ausgeraubt haben, wenn der Herzog nicht durch den Tod vieler ihrer Frechheit Einhalt getan hätte. Als jetzt die Nacht gekommen und der Tumult gestillt war, schien es dem Herzog Zeit, Vitellozzo und Oliverotto zu töten, die er an denselben Ort führen und miteinander erdrosseln ließ. Keiner von ihnen sprach ein Wort, würdig ihres früheren Lebens. Vitellozzo bat, man möge den Papst anflehen, daß er ihm vollen Ablaß seiner Sünden erteile. Oliverotto schob die ganze Schuld an dem Herzog zugefügten Unbilden weinend auf den Vitellozzo. Pagolo und der Herzog von Gravina Orsini wurden am Leben gelassen, bis der Herzog die Nachricht erhielt, daß zu Rom der Papst den Kardinal Orsini, den Erzbischof von Florenz und Messer Jacopo da Santa Croce verhaftet hatten. Auf diese Nachricht wurden am 18. Januar 1503 auch sie in Castel della Pieve auf dieselbe Weise erdrosselt.
"Teil VI Beschreibung der Art wie der Herzog von Valentinois Vitellozzo Vitelli, Oliverotto von Fermo, den Signor Pagolo Orsini und den Herzog von Gravina Orsini gefangennahm und tötete"
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